Geschichte der IT-Stelle

Entwicklung der IT-Stelle von den Ursprüngen in 1987 bis heute.

Die informationstechnische Unterstützung der Arbeitsplätze in der Justiz wird heute insbesondere durch die breite Verfügbarkeit spezialisierter Justizfachanwendungen und professioneller Recherchesysteme, der in Hessen in der Fläche vollzogenen Öffnung für den elektronischen Rechtsverkehr zwischen Anwälten, Notaren und anderen Beteiligten und den Justizbehörden sowie erste Erfahrungen mit der Führung elektronischer Akten geprägt. Die Justizfachanwendungen werden regelmäßig länderübergreifend in Entwicklungsverbünden fortentwickelt und weiter verfeinert. Die Möglichkeiten des elektronischen Rechtsverkehrs werden immer stärker genutzt, Heim- und Mobilunterstützung der Arbeitsplätze sind gewährleistet, der allmähliche Übergang zur elektronischen Aktenführung zeichnet sich ab. Unter wirtschaftlichen und organisatorischen Aspekten ist in den letzten Jahren das Zusammenwachsen der technischen Plattformen immer stärker in den Vordergrund getreten. Vieles ist möglich oder wenigstens denkbar geworden, seit der Siegeszug der Informationstechnik vor einigen Jahrzehnten begann.

Über 30 Jahre sind nun vergangen, seit die moderne Informationstechnik – anfangs meist als „elektronische Datenverarbeitung“ (EDV) oder „automatisierte Datenverarbeitung“ (ADV) bezeichnet – in ihren Anfängen in der hessischen Justiz Einzug hielt.

Die erste Ausstattungsphase war naturgemäß noch von Insellösungen oder Einzelausstattungen geprägt und hatte teils auch experimentellen Charakter.

Den ersten Schritt bildeten terminalbasierten Anlagen der mittleren Datentechnik; schon 1980 wurde ein Unix-System zur Geschäftsstellenunterstützung („AuGE“ - Automatisierte Geschäftsstelle) am Landgericht Frankfurt am Main eingerichtet. Bald folgten parallel dazu Schreibsysteme für Einzelarbeitsplätze (Bildschirmschreibmaschinen mit Diskettenspeicher, gegen Ende der 80er Jahre erste Personal Computer [„PC“]). In dieser Zeit fand auch die Förderung von Einzelinitiativen interessierter Justizmitarbeiter mit Pioniergeist verbreitete Resonanz; in den verschiedenen Gerichtsbarkeiten und der Staatsanwaltschaft entwickelten Richter und Staatsanwälte fortschrittliche und entsprechend ihren fachlichen Anforderungen spezialisierte eigene Datenbanklösungen bis hin zu - auch eigenadministrierten - vernetzten Arbeitsgruppenstrukturen.

Auf der Grundlage dieser Erfahrungen und zunehmender Akzeptanz der Justizmitarbeiterinnen und -mitarbeiter konnte etwa ab der Mitte der 80er Jahre die Entwicklung, Einführung und betriebliche Unterstützung von Justizfachverfahren für eine flächendeckende Nutzung in Angriff genommen werden. Damit wurde neben der organisatorischen und strategischen Zuständigkeit des Justizministeriums bzw. der Organisationsreferate der Justizmittelbehörden die Bildung von Organisationseinheiten notwendig, die die justizspezifischen IT-Aufgaben wahrnehmen. Über viele Jahre hinweg haben sie immer anspruchsvollere Aufgaben bewältigt und entscheidend zu dem heute erreichten Ausstattungsstand beigetragen. Ab 2005 sind sie in mehreren Schritten organisatorisch miteinander verbunden worden; sie bilden den gemeinsamen Ursprung der heutigen IT-Stelle der hessischen Justiz als eigenständiger Behörde.

Zum 1. Januar 1987 wurde das ADV-Referat beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main gegründet. Es bestand ursprünglich aus einem Richter am Oberlandesgericht als Referatsleiter und vier Mitarbeitern des gehobenen Dienstes (Rechtspfleger), die zuvor eine EDV -Ausbildung bei der Hessischen Zentrale für Datenverarbeitung (HZD), dem IT-Dienstleister der hessischen Landesverwaltung, erfolgreich absolviert hatten.

Aufgaben des ADV-Referats waren zunächst die Übernahme der operativen Betreuung des bereits am Landgericht Frankfurt am Main laufenden Systems, aber auch die Vorbereitung der nun zu treffenden Entscheidungen über die Anschaffung und den Einsatz neuer Systeme für Zivil- und Familien-Geschäftsstellen (SIJUS-Zivil und Sijus-Familie)sowie die Ablösung des bisherigen Systems zur Unterstützung der Grundbuchämter (MAGB- Mainzer Automatisiertes Grundbuchverfahren) durch Solum als Grundlage für das spätere EDV-Grundbuch (SolumSTAR). Das bereits etablierte System JUKOS (Justizkostensystem) war fortzuentwickeln, die Voraussetzungen für die EDV-Unterstützung der Vollstreckungsabteilungen bei den Amtsgerichten waren zu schaffen. Diese Anwendungen basierten damals noch auf den für Mehrplatzanwendungen gebräuchlichen Unix- (SINIX) -Systemen. Auch erste PC-Anwendungen rückten damals schon in den Focus der Überlegungen; Ende der 80er Jahre betrieb das ADV-Referat ein Initialprojekt zur EDV-Unterstützung des richterlichen Arbeitsplatzes.

Entsprechend der fortschreitenden Etablierung von DV-Systemen in den Gerichten der ordentlichen Gerichtsbarkeit und der Übernahme auch Unterstützung der Textverarbeitung im nichtrichterlichen Bereich wuchs die Zahl der Mitarbeiter im Referat bis 1996 nach und nach auf mehr als vierzig.

Ende 1999 erklärte die hessische Landesregierung eine umfassende „Modernisierungsoffensive der hessischen Justiz“. Sie zielte auf Vollverkabelung aller Justizbehörden, EDV - Vollausstattung und Einführung zukunftsfähiger Justizfachanwendungen, Aufbau von Client/Server-Netzwerken einschließlich zeitgemäßen Kommunikationsfunktionen und die flächendeckende Einführung von Serviceeinheiten. Besondere Meilensteile für das ADV-Referat waren zunächst die Bildung von Projektgruppen für die Einführung des elektronischen Grundbuchs (SolumSTAR) Ende 1999 bzw. des elektronischen Handelsregisters (RegisSTAR) 2001, von 2002 bis 2006 vor allem aber auch die operative Umsetzung der Modernisierungsoffensive durch Planungs- und Beschaffungsmaßnahmen, Einführung von Justizfachanwendungen - insbes. der von der niedersächsischen Justiz federführend entwickelten Anwendungen der Eureka-Gruppe, die Durchführung von Anwenderschulungen und Aufbau eines spezialisierten fachlichen User Help Desks.

Mit Wirkung zum 1.4.2005 wurde das ADV-Referat nach 18 Jahren geschäftsbereichsbezogener Tätigkeit durch Verwaltungsvereinbarung vom 18. Januar 2005 zur künftig gemeinsamen Aufgabenwahrnehmung organisatorisch mit der „IT-Gruppe“ der Staatsanwaltschaften vereinigt. Die so geschaffene gemeinsame Einrichtung des Oberlandesgerichts und der Generalstaatsanwaltschaft mit Dienstsitz in Bad Vilbel trug die Bezeichnung „Gemeinsame IT-Stelle der hessischen Justiz“.

Die „IT-Gruppe“ der Staatsanwaltschaften wurde unter der Leitung eines Oberstaatsanwalts Ende 1987 ins Leben gerufen. Im Frühjahr 1988 umfasste sie vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, im Laufe der folgenden Jahre wuchs der Personalbestand entsprechend dem Aufgabenzuwachs bis auf zehn.

Die Entwicklung vollzog sich ähnlich wie im Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit: Die IT-Gruppe war zunächst mit Einzelanwendungen („Strafzeitberechnung“), aber auch schon mit der Betreuung der (bereits geschäftsbereichsübergreifend im Aufbau begriffenen) Kostenanwendung JUKOS befasst. Auch die IT-Landschaft der Staatsanwaltschaften war daneben zunächst von Schreibsystemen, später auch von Einzelplatz-PC, bereitgestellt vor allem in den Vorzimmern der Behördenleitungen und den Schreibdiensten, geprägt. Einzelne Staatsanwälte nutzen individuell gestaltete Datenbankumgebungen für ihre Arbeit (z.B. auf der Basis von Framework und dBase). Ein erstes staatsanwaltschaftliches Fachverfahrens auf der Grundlage mittlerer Datentechnik („Refas“ – Registerführung für Amts- und Staatsanwaltschaften) wurde ab 1988 bei der Staatsanwaltschaft in Darmstadt erprobt und in den Folgejahren gemeinsam mit dem Normierungstool „Refas VU“ nebst den UNIX-Mehrplatz-Textsystemen mit „Prismaoffice“ und JUKOS flächendeckend bei allen Staatsanwaltschaften eingeführt.

Ab 1998 erfolgte die Migration von Refas hin zu dem noch heute genutzten, länderübergreifend weiterentwickelten Client/Server-Fachverfahren MESTA („Mehrländer-Staatsanwaltschafts-Automation“), das im Projekt ERV-OWi („Elektronischer Rechtsverkehr in Ordnungswidrigkeitenangelegenheiten“) inzwischen auch in die elektronische Bearbeitung und behördenübergreifende Weiterleitung elektronischer Bußgeldakten einbezogen ist. Eine weitere besondere Vorreiterrolle innerhalb der hessischen Justiz kam der IT-Gruppe Ende der 90er Jahre zu, als sie - als erste - für den von ihr betreuten Geschäftsbereich eine automatisierte Softwareverteilung einführte.

Ab dem 01.04.2005 bildete die vormalige IT-Gruppe den für die Informationstechnik der Staatsanwaltschaften zuständigen Fachbereich der Gemeinsamen IT-Stelle der hessischen Justiz in Bad Vilbel. Das erste zusammen mit dem ehemaligen ADV-Referat gebildete Fachgebiet beinhaltete die Zuständigkeit für das geschäftsbereichsübergreifend genutzte JUKOS.

Geschäftsbereichsübergreifende Aktivitäten wurden nun im Rahmen der Gemeinsamen IT-Stelle gleichsam „unter einem Dach“ gemeinsam organisiert.

Auch die Entwicklung der Informationstechnik in den Gerichten der hessischen Fachgerichtsbarkeiten ist gekennzeichnet durch den Weg von Einzellösungen für die Gerichtsverwaltungen hin zur PC - Vollausstattung und einen längeren Zeitraum der Eigenverwaltung von PC-Netzen. Die IT - Ausstattung der Gerichte begann zum Ende der 80er Jahre mit Zentralanlagen für die damaligen Geschäftsstellen und Schreibdienste, zunächst mit wenigen Arbeitsplätzen z.B. bei dem Verwaltungsgericht Gießen zur Bearbeitung der NC-Verfahren, ab Anfang 1993 infolge der neuen Zuständigkeit für Asylverfahren mit einer Terminal-Vollausstattung des Folgedienstes auf der Basis von Targon/31 M55 von Siemens-Nixdorf. Zum Einsatz kamen dort die Textanwendung BUTLER und die Geschäftsstellenautomation SOJUS-VG.

Vereinzelte PCs erschienen daneben ab 1989 zuerst in der Gerichtsverwaltung (Vorzimmer der Präsidenten, EDV-Referenten). Von Juni 1990 bis Juni 1992 führte das HMdJ bei den Verwaltungsgerichten ein Pilotprojekt „PC am Richterarbeitsplatz“ durch, für das einzelne Richter verschiedener Gerichte mit dienstlicher Hard- und Software ausgestattet wurden. So erprobte die komplett mit Einzel-PCs ausgestattete 3. Kammer des VG Gießen das funktionale Zusammenwirken mehrerer Richterarbeitsplätze; Anfang 1996 schloss sich das Pilotprojekt „PC-Netzwerk am Richterarbeitsplatz“ mit zunächst 5 vernetzten PCs und einem Server an, der über eine Datenverbindung zum zentralen Targon-System verfügte, später auch über eine Direktverbindung zu Juris. Die Netzverwaltung geschah durch die Richter selbst. Ab Mitte 1997 erfolgte die Ausweitung dieses Richter-PC-Netzes durch Ausstattung mit weiteren dienstlichen PCs - 50 für die Gerichtsbarkeit insgesamt - unter Einbindung von replizierenden Lotus Notes Servern für Mailverbindungen sowie die Datenbanken Asylfact (Dokumente zum Asylrecht) und Judoc (Rechtsprechung der VGs) an allen hessischen Verwaltungsgerichten und einer Reihe außerhessischer Oberverwaltungsgerichte. Die Administration erfolgte vom VG Gießen aus.

Im Juni 1998 entschied sich das HMdJ für die Einführung der Fachanwendung Eureka-Fach in der Verwaltungsgerichtsbarkeit und bestimmte das VG Gießen zum Pilotgericht. Zugleich wurde zur Betreuung ein EDV-Team aus nichtrichterlichen Mitarbeitern eingerichtet. Im Januar 1999 erfolgte die Vollausstattung des Folgedienstes mit PCs und entsprechenden Servern. Im Juli 1999 ging das PC-Netz mit Eureka-Fach am VG Gießen in Echtbetrieb (in den Folgemonaten auch an den übrigen Gerichten). Ab März 2000 wurde der Zugang zu Eureka-Fach auch für die Richterschaft eröffnet, im Juli 2000 wurden die Geschäftsstellen und Schreibdienste organisatorisch zu Service-Einheiten zusammengefasst, im November 2000 war dann auch innerhalb der Richterschaft die Gesamtausstattung mit Arbeitsplatz-PCs verwirklicht. Ab März 2005 wurden die Verwaltungsgerichte in die landesweite Fernverwaltung der Server durch die HZD einbezogen. In einem „Modernisierungsprojekt Verwaltungsgerichtsbarkeit“ wurden die Gerichte bis März 2006 komplett mit Hardware ausgestattet.

Durch Verwaltungsvereinbarung der Präsidenten der hessischen Obergerichte der Fachgerichtsbarkeiten vom 30.11.2007 wurde die Gemeinsame IT-Stelle der Fachgerichtsbarkeiten („GIT-Fach“) als Kompetenzzentrum zur Wahrnehmung gemeinsamer, geschäftsbereichsübergreifender IT-Aufgaben der Fachgerichtsbarkeiten mit organisatorischem Sitz bei dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel gegründet.

Die ADV-Leitstelle des hessischen Justizvollzugs wurde 1996 als Stabsstelle des HMdJ gegründet und später als eigenständige Abteilung dem H.B. Wagnitz-Seminar als Dienstleistungszentrum für den Justizvollzug zugeordnet. Sie hatte ihren Hauptsitz am Standort der JVA Weiterstadt und war umfassend zuständig für die IT-Ausstattung und Betreuung von rund 3.000 Arbeitsplätzen in den hessischen Vollzugsanstalten.

Ihr Aufgabengebiet umfasste bereits seit Jahren die Bereitstellung und Betreuung elektronischer Akten auf der Grundlage des Systems DOMEA (e-Akte in der Justizverwaltung), die „elektronische Gefangenenakte“ einschließlich der zugehörigen Rechenzentrumsleistungen, die Betriebsgewährleistung und Betreuung von Fachanwendungen wie BASIS-Web, Sp-Expert, Nexus-Kammer und -Küche, die Führung elektronischer Vollstreckungsübersichten und die Durchführung einer Vielzahl von teils sehr anspruchsvollen IT-Projekten.

Mit Wirkung vom 01.01.2008 wurde die ADV-Leitstelle des Justizvollzugs durch Verwaltungsvereinbarung der neu gegründeten Gemeinsamen IT-Stelle der hessischen Justiz („GIT-Justiz“) angegliedert. Seit dem 01.01.2012 sind ihre Aufgaben und 18 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der früheren ADV-Leitstelle der IT-Stelle der hessischen Justiz als Abteilung zugeordnet. Sie ist örtlich unverändert am Standort Weiterstadt als Außenstelle der neuen Justizbehörde ansässig.

Im Jahre 2007 wurden die IT-Stellen der ordentlichen Gerichtsbarkeit und der Staatsanwaltschaften(„GIT“ Bad Vilbel, gegründet 2005), der Fachgerichtsbarkeiten („GIT-Fach“, Kassel, förmlich gegründet zum 1.1.2008) und die ADV-Leitstelle des Justizvollzugs in Weiterstadt durch Verwaltungsvereinbarung unter dem Dach der „Gemeinsamen IT-Stelle der hessischen Justiz“ („GIT-Justiz“) zur gemeinsamen Förderung der e-justice-Angelegenheiten miteinander verbunden. Ihre jeweils eigenständige Organisationsform blieb dabei erhalten.

Im März 2010 verfügte die Stammeinrichtung in Bad Vilbel über 75 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (davon 5 Richter mit zusammen 2,9 AKA, eine Oberstaatsanwältin mit 1 AKA, 69 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des mittleren und gehobenen Dienstes oder Angestellte, davon 6 in Teilzeitbeschäftigung mit zusammen 4 AKA). Der Mitarbeiterbestand der GIT-Fach war dagegen verhältnismäßig gering (rund 4 AKA); sie war projektbezogen organisiert und stützte sich projektspezifisch je nach den speziellen Anforderungen der Fachgerichtsbarkeiten oder der Beteiligung an justizweiten Projekten auf individuell gebildete Mitarbeiterteams unter Beteiligung von Praktikern. Die Planung des Personaleinsatzes erfolgte im vierteljährlichen Rhythmus durch den Projektrat der GIT-Fach, der sich aus dem Leiter und derzeit fünf Mitgliedern aus den jeweiligen Fachgerichtsbarkeiten zusammensetzte. Die ADV-Leitstelle des Justizvollzugs in Weiterstadt verfügte damals über 24 Mitarbeiter (davon ein Mitarbeiter des höheren Dienstes, drei des gehobenen Dienstes) einschließlich der Vorortbetreuer in den Bereichen VCC Nord und FFM für 3000 Bedienstete.

Rechtsträger der GIT-Justiz waren die Präsidenten aller hessischen Obergerichte, der Generalstaatsanwalt und der für den Justizvollzug zuständige Abteilungsleiter des Hessischen Ministeriums der Justiz. Sie bildeten unter dem Vorsitz des Justizstaatssekretärs zugleich den Lenkungskreis für die GIT-Justiz, die in standardisierungsbedürftigen „e-justice-Angelegenheiten“ nunmehr für den gesamten Bereich der Justiz-IT in Hessen geschäftsbereichsübergreifend zuständig war. Koordinations- und Steuerungsgremium der GIT-Justiz war der aus den IT-Referenten der Geschäftsbereiche gebildete „Projektrat“.

Kernaufgabe der so gebildeten und miteinander kooperierenden IT-Stellen waren weiterhin vorrangig die- regelmäßig in Entwicklungsverbünden länderübergreifend koordinierte - (Fort-) Entwicklung und fachliche Betreuung auf die Bedürfnisse der Justiz zugeschnittener Fachanwendungen, die Organisation und Durchführung von Migrationsprojekten, Anwenderschulungen und der Hardwarereinvestitionsmaßnahmen, allerdings mit zunehmendem Schwerpunkt auf dem Zusammenwachsen der technischen Plattformen. Der elektronische Rechtsverkehr via EGVP war etabliert, digitale Diktatsysteme und Spracherkennung waren eingeführt, elektronische Doppelakten im Rahmen des Projekts „E-Duplo“ in Einführung begriffen. Praktisch kein Tätigkeitsbereich der Justiz kam mehr ohne aktuelle IT-Unterstützung aus. Die Projektschwerpunkte der geschäftsbereichsübergreifend tätigen GIT-Justiz sollten nun auch dem Anliegen einer möglichst weitgehenden Standardisierung verstärkt Rechnung tragen.

Das fand seinen Ausdruck in besonderem Maße in dem niedersächsisch-hessische Gemeinschaftsprojekt Nefa („Neue Fachanwendung“, seit 2009), das - in Justizeigenentwicklung unter Verwendung neuester Technologien- die Bereitstellung einer übergreifend nutzbaren Fachanwendungsbasis und spezialisierten fachlichen Ausprägungen für die einzelnen Fachgebiete anstrebt und auf eine durchgängig elektronische Bearbeitung vom Dokumenteneingang über die elektronische Aktenbearbeitung und -speicherung bis hin zur elektronischen Archivierung zielt. Die Führung und Weiterleitung elektronischer Akten war bereits seit einigen Jahren im Verfahren ERV-OWi (seit 2006) erfolgreich pilotiert worden. Die technische Standardisierung der elektronischen Kommunikation innerhalb der Justiz, mit Behörden und externen Dritten war seit 2009 Gegenstand des Konzeptprojekts „Elevator“.

Die nun erforderlichen spezialisierten fachlichen Kompetenzen betrafen mehr denn je nun auch rechtlich und organisatorisch so wichtige Bereiche wie den Datenschutz und die IT-Sicherheit, ebenso das Erscheinungsbild einer modernen Justiz in den Augen der Öffentlichkeit erheblich mitprägende IT-Verfahren wie die „e-Besucherservices“ (z.B. elektronische Terminsanzeige, 2010; Infopoint-Terminals, 2009).

Entsprechend erweiterte sich auch das Aufgaben- und Zuständigkeitsgebiet der Gemeinsamen IT-Stelle erneut, und die Anforderungen stiegen weiter: Unabhängig vom Grad der jeweiligen Komplexität der Materie muss eine IT-Stelle in der Lage sein, das Hessische Ministerium der Justiz oder die Justizbehörden der Geschäftsbereiche qualifiziert hinsichtlich allen Fragen des Einsatzes und der Fortentwicklung der Justiz-IT zu beraten, Entwicklungs- und Einführungsprojekte erfolgreich und bei hoher Anwenderakzeptanz zu planen und durchzuführen.

Das war in den überkommenen Strukturen und angesichts knapper Ressourcen immer schwerer zu gewährleisten.

Der Zuständigkeitsbereich der Gemeinsamen IT-Stelle („GIT-Justiz“) entsprach bereits spiegelbildlich den geschäftsbereichsübergreifenden Zuständigkeiten des HMdJIE, sie war aber noch nicht stringent als organisatorische Einheit mit effizienten Strukturen begründet. Auch wenn sie in der Außensicht oft wie eine eigenständige Dienststelle wahrgenommen worden ist, handelte es sich doch in Wahrheit um eine komplizierte virtuelle Struktur; mehrere Verwaltungsvereinbarungen hatten eine Zusammenarbeit der geschäftsbereichsspezifischen IT-Teilorganisationen auf fachlicher Ebene und in gemeinsamen Projektaktivitäten postuliert und deren frühere Aufgaben weitgehend an die gemeinsame Einrichtung übertragen. Die so zusammengesetzte „Gemeinsame IT-Stelle“ verfügte aber weder über eigenes Personal noch über eine geregelte Führungsstruktur; noch hing die Zusammenarbeit weitgehend vom Einvernehmen der zahlreichen Beteiligten ab und erforderte in der Praxis oft hohen Koordinationsaufwand.

Diese grundlegende Problematik der vormaligen Organisationsform ist durch die gesetzliche Gründung der IT-Stelle als eigenständiger Landesoberbehörde im Geschäftsbereich des HMdJIE zum 01.01.2012 konsequent behoben worden. Die Zuordnung der IT-Stelle zum Geschäftsbereich des HMdJIE folgte dabei aus ihrer geschäftsbereichsübergreifenden Zuständigkeit für alle hessischen Justizbehörden. Ihre organisatorische Selbstständigkeit und die Zuordnung eigenen Personals stärken die zentralen Leitungsbefugnisse und werden die Möglichkeiten zu einer geschäftsbereichs- und fachbereichsübergreifenden Erschließung der Binnenressourcen deutlich verbessern. Andererseits wird die erforderliche weitere Mitwirkung von Justizpersonal aller Berufsgruppen in der Aufgabenwahrnehmung der IT-Stelle durch die organisatorische Verselbständigung nicht in Frage gestellt; auch die für den Erfolg ihrer Aufgabenwahrnehmung sehr bedeutsame Akzeptanz innerhalb der Justiz wird - auch angesichts weitgehender personeller Kontinuität der Mitarbeiterschaft- im Rahmen ständiger Kommunikation und in Zusammenarbeit mit Vertretern der Praxis erhalten und weiter gefördert werden können.

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